Ein schöner Morgen…
Am heutigen Tag, es war einmal vor vielen, vielen Jahren, da kam euer Schiedsrichter (ich) zur Welt. Rückblickend hätte ich ja auch schon gern solche tollen Schachturniere in eurem Alter gespielt. Meine ersten Schacherfahrungen begannen erst mit dem Besuch der 6. Klasse. Manche von euch können da schon fast halbe Großmeister sein… Auf alle Fälle  habe ich mich riesig über euer tolles Geburtstagsständchen gefreut, und herzlichen Dank auch für die vielen persönlichen netten Glückwünsche von Groß und Klein! Nach diesen schönen Aufreger (für mich) ging es an den Brettern wieder heiß her.

Am Spitzenbrett der 7. Runde trafen Frederik Stoppe und Adrian Gajdamowicz aufeinander. Weiß gab in der Eröffnung seine beiden Läufer her (Abtausch gegen beide Springer). Zwei Springer haben ja allgemein den Wert von 6 Bauern, 2 Läufer aber den ungefähren Wert von 7 Bauern. Mein Gefühl „na, ob das mit den Springern gut geht?“ hat sich bestätigt. Ob es aber am Läuferpaar lag, dass Schwarz gewann, das habe ich noch nicht nachgeprüft. In der Zwischenzeit gewinnt Emil Schmidek, oder sagen wir besser verliert sein Gegner Lennard, eine Figur. Am Brett 12 gab es etwas später ein schönes Springer-Bauer-Königsmatt zu bewundern. Tigran Petrojan war bekanntlich Weltmeister. Er hatte den Titel von 1963-1969 getragen. Sein Spitzname war „der eiserne Tiger“. Unser eiserner Tiger (Tigran Poghosyan) spielte am Brett 5 gegen Niklas Kölz. Leider vergaß er völlig die Zeitbegrenzung von 36 Zügen für 60 Minuten und verlor unerklärlich nach Zeitüberschreitung. Am Nachmittag machte er es dann aber besser! Übrigens, Weltmeister Tigran Petrosjan erlernte das Schachspielen erst mit 12 Jahren! Die längste Partie der 7. Runde wurde am Brett 14 zelebriert. Da wo Jacob spielt, da wird lange gespielt. Leider war auch er Opfer der Zeitüberschreitung in klarer Remisstellung. Er fand nicht die richtige Lösung, einfach mit dem Turm von a3 nach a1 hin und her zu ziehen. Nicht zu vergessen war auch die Möglichkeit Remis zu reklamieren… Schade, denn beide hatten super gekämpft und den halben Punkt verdient.

Komische Situationen
An einem Brett meldeten sich Kinder und Frank Schulze ging zum Brett. Ein Spieler meinte zu ihm: “Ich habe gewonnen und möchte dem Schiedsrichter die Stellung zeigen“. Darauf Frank Schulze: “Ja, ich bin doch der Schiedsrichter!“ und darauf der Spieler: “Ach ja, wirklich?“

Tim Senf hatte seine Partie leider verloren, nahm alle seine Sachen inklusive Kindersitz und lief los. Er kam ganz aufgeregt zurück mit dem Worten: “Ich habe mein Bonbon vergessen!“

Zwei Spieler wollten nur für die Unterschrift neue Partieformulare: “Die Unterschrift passt nicht mehr drauf“! Doch, sie passte!

Verpasste Gelegenheiten…
So muss die Überschrift aus Sicht der Berliner heißen. Am Brett 1 erlangte Emil schnell eine klare Gewinnstellung gegen Adrian. Hier verpasste er den leicht zu findenden Damenfang. Es sprang nur eine Mehrfigur gegen starke Freibauern am Damenflügel heraus. Am Ende traute er sich nicht weiterzuspielen und bot Remis. In absoluter Gewinnstellung zog Marcel gegen den mittlerweile avancierten Turnierfavoriten Maximilian Paul Mätzkow plötzlich den unerklärlichen Zug Dame a1. Er hätte nun getrost auch die Dame gleich vom Brett stellen können. Gewonnen hätte ein Springerschach mit anschließendem Df3… Schade, wirklich Schade! Viel habe ich in dieser Runde leider nicht gesehen, da ich mich (verständlicher Weise) in der Nähe der ersten Bretter aufgehalten habe. Am Brett 29 bemerkte ich noch künstlerische Fähigkeiten bei Tim. Er kreierte kunstvolle Kreuze auf dem Partieformular mit aktiver Zungenunterstützung. Einfach herrlich! Luise kam gleich mit dem Rest ihres Taschengeldes ans Brett. Wollte Luise sich etwa den Sieg erkaufen? Nein, natürlich nicht! Sie schaffte das auch so, und wie! Eine sehr schöne Partie war das! Einige Tränen flossen natürlich wieder. Sieg und Niederlage liegen ja nah beieinander. Freude und Trauer, Lachen und Weinen! Verständlich natürlich! Wir wollen nicht vergessen, wie klein unsere Eleven sind, und ein Turnier von 9 Runden, über eine Woche Schach, mit 3 Doppelrunden: Das ist Schwerstarbeit für Körper und Geist! Und wenn wir Erwachsenen ehrlich sind, wir vergessen das manchmal (auch ich)! Also, großen Respekt vor eurer Leistung! Egal welche Platzierung am Ende dabei herauskommt - ihr seid alle tapfere Kämpfer und in jedem Falle seid ihr alle Sieger. Wer nun der Turniersieger wird, das erfahren wir erst nach der letzten schweren Runde. Ich wünsche euch wieder tolle Züge, scharfe Kombinationen und den vollen Punkt in der Tabelle.

Euer Schiedsrichter
Michael Rätsch