vizemeisterAm letzten Septembertag machte sich das sächsiche Team auf zur diesjährigen DLM in Hannover. Am Treffpunkt in Leipzig konnte ich Leonard Richter (SG Leipzig), Richard Zienert (SK Heidenau), Gengchun Wong (SV Dresden-Leuben), Alex Nguyen (BSG Grün-Weiß Leipzig), Tessa Simon (SV MT Wilkau-Haßlau), Simon Burian (SK König Plauen), Julia Bui (SV Dresden-Leuben) und Mirjam Peglau (SV Bannewitz) begrüßen. Auf der Fahrt nach Hannover sammelten wir in Magdeburg noch GM Roman Slobodjan ein. Ankunft, Fußmarsch, Einchecken, Einkaufen, Abendessen - alles "same procedure as last/every year". Am späten Abend wurde die Setzliste ermittelt. Wir waren an 8 gesetzt, vorn versammelten sich Schleswig-Holstein, Baden 1 und Titelverteidiger Bayern.

Runde 1
Zunächst waren wir gegen Sachsen-Anhalt gelost worden. In gewohnt professioneller Einstellung bereiteten sich die ersten Bretter gleich noch vor, bevor sie gegen 21:30 Richtung Nachtruhe verschwanden. Dummerweise wurde dann kurz vor 10 noch einmal ausgelost... Somit spielten wir anderntags gegen Mecklenburg-Vorpommern (und natürlich mit der anderen Farbe). Das focht unser Team allerdings nicht groß an. Ziemlich schnell gingen wir 3:0 in Führung, wobei Simon, Tessa und Richard gleich noch Material für den Aufgabenpool der Kaderlehrgänge beitrugen. Mirjams Sieg war ebenfalls problemlos. Bei Gengchun und Alex sah es nicht durchgängig nach einem vollen Punkt aus, am Ende spielten sie jedoch ihre Routine aus. Die letzten beiden laufenden Partien hätten sicher mit Remis enden sollen/können. Doch wollten Julia und Leo den anderen nicht nachstehen und zogen ihre Endspiele noch zum Gewinn durch. Einziger Makel: Leo war zu langsam für Hannover 96 vs St. Pauli im nahe gelegenen Stadion.

Runde 2
„Natürlich“ war das Match gegen Bayern wieder Pflicht. Nachdem es in den letzten Jahren immer Niederlagen gesetzt hatte, wollten wir diesmal - obschon wieder Außenseiter - den Bock umstoßen. Mit dem ersten Statusbericht vom Captain (Leonard) wurde der Optimismus jedoch gedämpft: Er selbst hatte ebenso wie Tessa verloren und an den verbleibenden Brettern sah es auch nicht direkt nach einem Punkteregen aus. Richard konnte zwar kurz darauf seinen Sieg vermelden, doch schon der nächste Zwischenstand lautete 1½:4½ (Remis durch Alex, Niederlagen von Julia und Gengchun). Mirjam konterte die deutsche U12-Meisterin aus, Simon sorgte mit seinem Remis für den Endstand von 3:5.

Runde 3
Lange konnten wir der Niederlage gegen Bayern nicht nachtrauern, denn es ging gleich nach dem Mittagessen mit der Nachmittagsrunde gegen Hamburg weiter. Diese lief deutlich besser: Bereits nach 2 Stunden stand es 2:0 (Mirjam, Simon). Wenig später hatte Richard seinen Gegner durch genaues strategisches Spiel dazu gebracht, bei gleichem Material und trotz fehlender unmittelbarer Drohungen aufzugeben. Tessa und Alex ließen zwar gute Möglichkeiten aus, doch an anderen Brettern konnten wir den nominellen Vorteil umsetzen. Am Ende stand ein vielleicht etwas zu hoher, aber ungefährdeter 6:2-Sieg.

Runde 4
Am folgenden Morgen ging es gegen Württemberg. Dieses Team war an 7 gesetzt, also als etwa gleichstark einzuschätzen. Mein erster Rundgang nach ca. 40 Minuten zeitigte zwei schwierige und sechs normale Stellungen. Bei Julia hatte ich jedoch die Taktik nicht zu Ende gerechnet. Sie landete (mit etwas gegnerischer Hilfe) sicher im Remishafen. Die andere kritische Stellung besaß Simon, der dann auch verlor, wobei er unterwegs wieder ausgeglichen, dann jedoch etwas zu optimistisch weitergespielt hatte. Sicher dagegen die Siege von Mirjam, Tessa, Leonard und Richard, ebenso wie das Remis von Gengchun. Nur Alex war sichtlich unzufrieden, denn er hatte durchaus gute Gewinnchancen gehabt.

Runde 5
Nun waren wir an Tisch 1 gelandet und es ging gegen Hessen. Die Höhenluft bekam uns allerdings überhaupt nicht, denn bereits nach einer Stunde hatte Gengchun verloren. Kurz darauf musste auch Mirjam ihrer Gegnerin die Hand reichen. Mit weiteren bedenklichen Stellungen für Leo, Julia und Simon war der Kampf im höheren Sinn bereits gelaufen. Simon bekam zwar dann einen halben Punkt geschenkt, dafür schwächelten Alex und Richard bei der Verwertung. Somit geriet die Niederlage mit 2:6 ein Stück zu hoch.

Runde 6
Die Doppelrunden waren vorbei. Leo hatte herausgearbeitet, dass wir jeden Tag exakt zwei Punkte geholt hatten. Also war die Zielstellung für die verbleibenden zwei Tage mit Einzelrunden klar. Mit Sachsen-Anhalt hatten wir in der Vorschlussrunde das jüngste Team der Meisterschaft zum Gegner. Und diesmal lief es wie am Schnürchen. Außer Simon, der nie richtig Vorteil erreichte, und Leo, der zunächst verdächtig stand, konnten alle souverän gewinnen. Und auch an Brett 1 trudelte der volle Punkt noch ein.

Runde 7
Mit 8:4 MP und 32 BP (den meisten von allen) bogen wir auf die Zielgerade ein. Vorne lag Bayern mit 10:2, gefolgt von Schleswig-Holstein und Hessen mit je 9:3. Ähnlich zum Vorjahr stand für uns ein Endspiel um einen Medaillenplatz an. Gegner war das topgesetzte Schleswig-Holstein und die Konstellation war so, dass ein Sieg sicher für eine Medaille reichen würde, bei idealem Verlauf der letzten Runde sogar für Gold. Ein Unentschieden hätte Platz 4 oder 5 bedeutet, eine Niederlage Platz 6 oder 7. Ziemlich schnell entwickelten sich die Dinge positiv. Simon gewann einen Bauern und Mirjam erreichte nach thematischem Qualitätsopfer einen gefährlichen Angriff. Dazu gesellten sich noch zwei geglückte Vorbereitungen bei Tessa und Julia. Vorn war die Lage ausgeglichen, nur Alex hatte eine suboptimale Variante gewählt. Mirjam und Alex beendeten ihr Partien als Erste. Richard, der eigentlich als Matchwinner vorgesehen war, erreichte ebenso wie Leo Remis. Auf den anderen Partien hatte sich as Geschehen folgendermaßen entwickelt: Gengchun hatte eine Qualität geopfert, um den gegnerischen Angriff zu stoppen; Tessa hatte eine Figur gewonnen, war allerdings in einem technisch anspruchsvollen Endspiel gelandet; Simon hatte unnötige Aktivität am Königsflügel entwickelt - hier drohte sich das Blatt zu wenden; Julia stand bequem und bearbeitete die Berliner Mauer. Es sah also durchaus gut aus für unsere Medaillenambitionen. Die nächsten Nachrichten aus dem Turniersaal waren jedoch nicht so berauschend: Tessa machte keine Fortschritte, Simon geriet tatsächlich auf die Verliererstraße, Julia landete in einem, trotz Mehrbauer, remislichen Turmendspiel und Gengchun hatte im Gewinnstreben noch etwas Material zwecks Figurenaktivierung gegeben. Mit diesem doch eher ernüchternden Zwischenstand ging der Rest der Mannschaft zum Mittagessen. Die Hoffnung stieg wieder, als Simon doch noch den Remishafen erreichte und auch Gengchun einen halben Punkt beisteuern konnte. Nun lag es an Tessa und Julia. Letztere hatte mittlerweile große Fortschritte gemacht und ihren Mehrbauern in Bewegung gesetzt. Tessa konnte die gegnerische Verteidigung zwar nicht durchbrechen, doch Julia verwertete letztlich sicher zum 4½:3½. Dieser Sieg bescherte uns die erste Medaille seit 10 Jahren und die Farbe war Silber!

Resümee
Natürlich zieht man nach einem solchen Erfolg gern ein Fazit. Zwei Hauptursachen sehe ich persönlich für unseren Erfolg: Zum einen waren alle Spieler motiviert und in guter Form. Zum anderen spürte man eine große mannschaftliche Geschlossenheit und Selbstständigkeit. Und ja, über die Auslosung konnten wir auch nicht direkt klagen ...